KurzgeschichtenDr.Alfred HarmsMein Heimatdorf Gestorf - Mein Vater - Unsere Wohnung Doktor Fritze Thies, ein rauhbeiniger Landarzt aus Bennigsen Meines Vaters Garten Gartenspiele mit Nachbarskindern Zweimal war im Winter Schlachtefest Meine 3 kleinen Kaninchen und der große Kater Als Schüler in der Gestorfer Schule Freude am Unfug Der hohe Herr Schulrat aus dem Lande Sachsen Kirche und Kirchgang am Weihnachtsabend Ich musste die Betglocke zum Schlagen bringen Spiele und Abenteuer in der Kirche Wir spielten die neuesten Schlager auf der Orgel Mit Zwillen-Geschossen ließ Hilmar die Uhrenglocke neunmal schlagen Regenrinnenblei vom Kirchendach Das Eselgespann Hans und Grete In der Haller fingen wir Krebse Brennholzversteigerung - Holzhacken Mutter war für die Herstellung von Johannis- und Stachelbeerwein zuständig | Kirche und Kirchgang am WeihnachtsabendMitten im Dorfe steht die Kirche. Ein breiter, mächtiger Turm aus dicken, kaum behauenen grauen Mergelsteinen hochgezogen. Der hohe Oberteil verjüngt sich, von roten Ziegeln verziert, bis in eine Turmspitze. Über der Spitze hängt frei die kleine Uhrenglocke und ganz oben, in 25 Meter Höhe krächzte seit eh und jeh in rostigen Gelenken der Wetterhahn. An den Turm angefügt ist ein breites Kirchenschiff mit einem mäßig geneigten Ziegeldach, dessen First etwa 15 Meter hoch ragt. Um diese Kirche ranken sich mir herrliche Erinnerungen. Mein Vater war während seiner ganzen Dienstzeit Organist und seine Familie hatte in der Kirche einen besonders abgeteilten Platz dicht neben dem Altar schräg unter der Kanzel. Von dort aus konnten wir das ganze Kirchenschiff übersehen und auch einen großen Teil der Empore. Weihnachten war die Kirche immer voll besetzt. 2 große Tannenbäume vor dem Altar erstrahlten im Lichterglanz der Kerzen. Rings um die Empore und auf den Buchstützen der Bänke im Kirchenschiff flackerten die Flämmchen der kleinen weißen Kerzen leicht hin und her. Elektrisches Licht gab es auch in der Kirche noch nicht. So blieb dieser Zauber von Dämmerschein. Der Gottesdienst bestand aus dem Vorlesen der Weihnachtsgeschichte in den verschiedenen Abschnitten. Eingebettet in diese Erzhlung sang die Gemeinde, sangen vor allem aber die Chre, die sonst kaum Gelegenheit hatten, ihre Kunst dem Dorfe zu zeigen. Vater hatte mit allen Schulkindern der älteren Jahrgänge für unsere Dorfverhältnisse kunstvolle Weihnachtslieder eingebt. Die Kinder sangen vor dem Altar. Oben auf der Empore, neben der Orgel, sang ein gemischter Chor, der sich nach dem 1.Weltkriege aufgetan hatte. Auch dieser Chor hat wunderbar gesungen, alle haben sich große Mühe gegeben. Den Abschluss eines jeden Gottesdienstes bildete Vaters Orgelspiel. Er zog dann, während die Gemeinde ganz langsam, hier und da grüßend, die Kirche verließ, die brausenden Register. Die kleine Orgel füllte die Kirche mit vollem Klang und war auch noch draußen bis weit ins Dorf hinein zu hören. Wir warteten vor der Kirchtür auf unseren Vater. Oben aber, vom Kirchturm, blies das Bläserchor des Dorfes: Vom Himmel hoch, da komm ich her... Mitfühlende Seelen spendeten den Bläsern harte, einheizende Getränke für den Aufenthalt auf dem eisigen Turm. Die Bläser ließen es sich schmecken, und sie bliesen, was das Zeug hielt. Unser Weg nach Hause führte uns durch die von Büschen eingeengte Gatze, die Kirch- oder Pfarrgasse. Meistens lag Weihnachten immer Schnee auf den Zweigen, der im Froste glitzerte. Wenn wir von der Kirche zurück waren, steckte Vater den Tannenbaum an. Wir warteten erwartungsvoll im Flur oder im Wohnzimmer. Auf ein Glockenzeichen durften wir dann hinein und sangen immer erst das Lied: O Tannenbaum ganz durch. Dabei schielten wir natürlich, ob wir auf dem Gabentisch schon etwas entdecken konnten. Unsere Geschenke bestanden meist aus nützlichen Sachen, die wir nötig hatten. Ach, wie friedlich und gemütlich waren diese Weihnachtsabende. Mit dem pikfeinen Anzug landete ich auf brüchigem Eis im Gutsteich In einem Jahr lag am Weihnachtsabend für mich ein pikfeiner neuer Anzug auf dem Gabentisch. Stolz zog ich ihn am ersten Feiertage an und zog zu Iltens, um mich zu zeigen. Die Teiche vor dem Schlosse waren soeben zugefroren und Alfred konnte nicht widerstehen. Er musste probieren, ob das Eis hielt. Ich hielt mich an einem kleinen Zweig am Rande fest und trat einmal mit einem Fuß fest aus. Das Eis hielt. So zog ich den Zweig lang und wagte mich weiter. Aber dabei brach der dumme Zweig, und Alfred in seinem ganz neuen pikfeinen Anzug setzte sich mit Wucht auf das Eis. Und diesmal hielt das Eis nicht! Bis zum Halse saß ich im eiskalten Wasser. Aus meinem Besuch bei Iltens wurde nichts. Ich britzte weinend nach Hause. Schimpfe hat es natürlich gegeben, aber ebenso wichtig war den Eltern, dass ich mich nicht erkältete. | |||
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